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Damals Grafschaft Glatz Kultur

Uustern

Der Osterhase im Einsatz.

In der Osterwoche gab es in der Grafschaft zahlreiche regional unterschiedliche Bräuche und Traditionen. Die Passionswoche wurde auch die „stille Woche“ genannt. Musik- und Tanzveranstaltungen waren streng verboten und die sonst allgegenwärtigen Kirchenglocken schwiegen.

Am Palmsonntag wurden beim Gottesdienst in der Kirche die „Palmen“ geweiht. Viele hatten nicht nur ein Zweiglein dabei, sondern brachten gleich ganze Bündel mit. Die Palmenzweige wurden heimgenommen und dort befestigt, wo sie segenbringend und vor allerlei Unglück schützend wirken sollten: Im Herrgottswinkel in der Wohnstube auf dem „Wenkelbraatla“ (Winkelbrettchen), an der Türe von Stall und Scheune, am Dach des Hauses und an den Ecken der Felder für eine reiche Ernte.

Am frühen Gründonnerstagsmorgen schickte der Bauer die Knechte mit Dreschflegeln in die Wiesen und Gärten, um die Erde zu schlagen. Dies sollte Maulwürfe fernhalten.

Hühner und Tauben bekamen ihr Futter in einen Reifen ausgelegt, damit sie im kommenden Jahr vor Raubvögeln geschützt sein sollten.

Zum Schutz vor lästigem Ungeziefer wie z. B. Kopfläusen, ließ man sich, in Anlehnung an die Fußwaschung des Herrn, die Füße waschen.

Die „Honigschniete“ (Honigschnitte, bzw. -brot oder auch ein Brötchen) war in vielen Familien das übliche Gründonnerstagsmahl. In manchen Gegenden wurde ein grünes Essen gekocht, meistens eine Suppe aus verschiedenen grünen Kräutern, die für das ganze Jahr Gesundheit schenken sollte.

Vom Gloria der heiligen Messe des Gründonnerstags an bis zur Osternacht blieben die Kirchenglocken  und Schellen stumm („stille Woche“). Stattdessen gingen die Ministranten, wie in vielen anderen katholischen Gegenden Deutschlands, mit Ratschen und Klappern durch den Ort, um die Leute zum Gottesdienst zu rufen.

In den Gebirgsgegenden gingen „Klapperkinder“ am Gründonnerstag (andernorts am Karfreitag) von Haus zu Haus durch das Dorf, brachten so den Frühling und baten um Gaben („Kloappern giehn“). In manchen Orten gingen die Armen des Dorfes mit. Geschenkte Süßigkeiten durften natürlich erst am Ostersonntag verzehrt werden.

Sie sangen dazu den Vers:

„G‘lobt sei’s Chrest
zom Griendoonerschtiche,
seid gebaata em ‘n Honichschniete,
a Uusterää derzuune,
ihr seid ju ‘n hibsche Muhme!
Wenn ‘r ‘n hibsche Muhme seid,
hott’r aa woas eigeschärrt!“

Vers in hochdeutsch:

„Gelobt sei Christus
zum Gründonnerstag,
seid gebeten um eine Honigschnitte,
ein Osterei dazu,
Ihr seid eine hübsche Taufpatin!
Wenn ihr eine hübsche Taufpatin seid,
habt ihr auch etwas [eingeschirrt=vermutlich im Sinne von vorbereitet]

An diesem Tag wurden auch die Weihwasserkessel ausgegossen und am Ostersonnabend frisch befüllt.

Der Karfreitag war ein stiller Tag, an dem jeder den Gottesdienst besuchte.

Am Ostersonnabend wurde eine große Kanne mit Wasser und ein entrindeter und etwas angekohlter „Kleppel Holz“ zur Kirche getragen. Hier wurde das mitgebrachte Wasser und Feuer geweiht. Nach einer Prozession, die dreimal um die Kirche ging, versammelte sich die Gemeinde zur Auferstehungsandacht im Gotteshaus. Nach dem Gottesdienst war die Fastenzeit offiziell beendet.

In vielen Gegenden wurde nach der Heimkehr aus der Kirche der saftige, in Brotteig gebackene Osterschinken gegessen.

Das Osterwasserholen am frühen Ostermorgen vor Sonnenaufgang war auch in anderen Regionen Deutschlands Brauch. Es durfte auf dem Weg zur Wasserschöpfstelle nicht gesprochen oder gelacht werden, sonst zeigte das Osterwasser keine Wirkung. Wenn man sich in einem fließenden Gewässer möglichst von anderen unbeobachtet das Gesicht wusch, wurde von Augenleiden und Hautkrankheiten geheilt. Auch die Sünden wurden dabei weggewaschen. Der Heimweg musste ebenfalls schweigend erfolgen.

„Stillschweigend und unbeobachtet“ war eine Herausforderung, da die jungen Männer natürlich versuchten, die Mädchen und jungen Frauen beim Osterwasser holen zu erwischen. Sie boten ihnen Haarsiebe an, um damit das Wasser zu schöpfen. Sie machten Faxen oder erzählten Witze und versuchten auf diese Weise, die Mädchen zum Lachen zu bringen oder sie in ein Gespräch zu verwickeln.

Am Ostermorgen macht die Sonne angeblich drei Freudensprünge. Wer früh genug aufstand, konnte sie dabei beobachten.

Eier sind ein Symbol für Fruchtbarkeit und das Leben. Die in der Fastenzeit nicht verzehrten Eier wurden mit Zwiebelschalen und anderen Pflanzen gefärbt und zum Osterfest verschenkt. Morgens suchten die Kinder wie auch heute noch die versteckten bunten Eier im Garten. Dazu gab es kleine Geschenke.

Nach der langen Fastenzeit durfte es endlich wieder Streusel- und Käsekuchen, Baben (Moh-Babe!), Hefezopf und „Abgerührte“ (Rührkuchen) geben.

2 Antworten auf „Uustern“

Ein sehr informativer Beitrag über die Grafschafter Osterwoche.
Das Sprüchlein der Klapperkinder im heimischen Dialekt hat mir auch sehr gefallen.

Ein bekannter Osterbrauch war das “Kloappern giehn (Klappern gehen)”, wenn in der Grafschaft Glatz und in Schlesien die Kinder an Karfreitag mit Ratschen und Klappern durch den Ort zogen, um die Leute zum Gottesdienst zu rufen.
Ab Gründonnerstag schwiegen die Kirchenglocken bis zum Gloria des Ostersonnabends („Stille Woche“). In dieser Zeit übernahmen ihren Dienst die Ratschen oder die Karfreitagsklappern. In Scharen kamen die Klapperkinder am Gründonnerstag in die Häuser, klapperten laut und lange und nahmen dankbar und froh die Gaben entgegen. Sie sangen dazu den genannten Vers.
Die „Honigschniete“ war in vielen Familien das übliche Gründonnerstagsmahl.

In meinem Beitrag (http://www.grafschaft-glatz.de/archiv/akt-2205.htm) dazu habe ich ein Foto von Bielendorfer Jungen mit Klappern, Ostern 1936.

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