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Sommer- und Winterfrische in Seitenberg

Auf dem Bild sieht man rechts das Landhaus Weiser in Seitenberg
Auf dem Bild sieht man rechts das Landhaus Weiser in Seitenberg

Im Osten der Grafschaft Glatz liegt auf 500 m Höhe Seitenberg (heute Stronie Śląskie), an der Biele gelegen. Östlich davon befindet sich das Bielengebirge und südlich das Glatzer Schneegebirge. Hauptausgangspunkt für Wanderungen im Schneegebirge war Seitenberg. Gebirgsflüsse waren die Landecker Biele und die Mohre.

Tourismus

In diesem landschaftlich reizvollen Teil im Kreis Habelschwerdt entwickelte sich der Fremdenverkehr schnell. Einen großen Anteil daran hatte der vor dem ersten Weltkrieg gegründete „Glatzer Gebirgs-Verein“ (GGV). Er legte Wanderwege an, publizierte Wanderkarten und baute die Gaststätten im Gebirge zu sogenannten „Bauden“ aus. In Seitenberg gründete man die GGV-Ortsgruppe Schreckendorf-Seitenberg. Es entstanden ebenfalls Jugendherbergen und Fremdenheime, auch Logierhäuser genannt. Im Februar 1929 fand die Einweihung der zweiten neuen Jugendherberge in Seitenberg statt. Vom GGV wurde ein Verzeichnis der „Sommerfrischen“ für 20 Pf. erstellt.
Quelle:  Griebens Reiseführer, Band 147, Die Grafschaft Glatz,  Seite 6.
Auch im Winter war Seitenberg ein begehrtes  Ziel für den Wintersport.
Der Tourismus entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem wirtschaftlichen Standbein in der Grafschaft Glatz. Durch die zahlreichen Aktivtäten des GGV sollte aber ebenso die Heimatverbundenheit der eigenen Bevölkerung für die Naturschönheiten gestärkt werden.

Wanderwegekarte Grafschaft Glatz, herausgegeben vom Glatzer Gebirgsverein siehe http://www.grafschaft-glatz.de/
Wanderwegekarte Grafschaft Glatz, herausgegeben vom Glatzer Gebirgsverein
http://www.grafschaft-glatz.de/

Reiseverkehr

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Bahnstrecke durch die Grafschaft eröffnet, so dass auch Bewohner von Städten wie Berlin, Görlitz, Dresden, Breslau u.a. in die schöne Bergwelt reisen konnten. Es gab einen Post- und Bahnverkehr nach Seitenberg. Die Bieletalbahn, eröffnet 1897, fuhr von Glatz Hauptbahnhof ab. Nach 31 km erreichte man die Endstation Seitenberg.

Logierhaus der Familie Weiser
Laut Angaben von unserem Mitglied Hans Joachim Weiser

Friedrich Carl Weiser wurde am 06.09.1887 in Rückers geboren und war Bäcker und Konditor. Er heiratete 1935 in Seitenberg Elsa Martha Ludwig. Sie wurde am 31.12.1901 in Groß Leipe, Kreis Trebnitz geboren und war Köchin. Die Berufe des Ehepaares waren sicherlich das Fundament für eine Selbständigkeit mit der Verpflegung von Feriengästen.

Im Jahr der Eheschließung 1935, kaufte Friedrich Carl in Seitenberg, Hauptstraße Nr. 18, für 3.000 Goldmark ein Anwesen mit Grundstück. Danach erfolgte der Umbau zu einem sogenannten Logierhaus. Die Feriengäste wurden überwiegend durch den damaligen „Reiseveranstalter KdF (Kraft durch Freude)“ und persönliche Empfehlungen gewonnen. Auch in einem Adressregister der „Fremdenheime für die Grafschaft Glatz 1941/42“ wurde für den Ort Seitenberg das Logierhaus von Familie Weiser aufgenommen.

 In einer Versicherungsurkunde von 1941 wird das Haus wie folgt beschrieben:  „Wohnhaus  2/3 massiv, 1/3 von Holz, teils Pappdach auf Brettern, teils Pappdach auf Schindeln. Schuppen mit Stallung, von Holz“.
Die Anzahl der Fremdenzimmer ist nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass  3 größere Zimmer vorhanden waren, da auf einzelnen Bildern oft 3 Gäste-Familien gleichzeitig abgebildet sind. Die Unterkunft erfolgte mit Vollverpflegung durch die Quartiersleute.

Ein Winterbild vom Landhaus Weiser in Seitenberg
Ein Winterbild vom Landhaus Weiser in Seitenberg
Auf dem Bild sieht man den Garten von Haus Weiser mit Liegewiese in Seitenberg
Garten von Haus Weiser mit Liegewiese in Seitenberg
Feriengäste im Haus Weiser in Seitenberg mit einem Schäferhund
Feriengäste im Haus Weiser in Seitenberg mit einem Schäferhund

Hundezucht

Friedrich Carl Weiser hatte neben der Versorgung der Feriengäste noch eine Hundezucht für Deutsche Schäferhunde aufgebaut. (Für Hundezüchter: Der Zwinger hieß: “Vom Petersfelsen”….) Die Tiere waren beliebt bei den Gästen, besonders bei den Kindern. Auf fast allen Fotos sind Gäste mit Hunden abgebildet.

Ferienkind im Haus Weiser in Seitenberg mit einem Schäferhund
Ferienkind im Haus Weiser in Seitenberg mit einem Schäferhund

Gästebuch Logierhaus Weiser

Damit die Touristen ihre schönen Ferienerlebnisse und Erinnerungen im Haus Weiser festhalten konnten, wurde auch ein Gästebuch begonnen. Geführt wurde es von Mai 1936 bis zum 14.08.1943. Eintragungen gab es z.B. von Gästen aus Berlin, Hamburg, Leipzig, Oppeln, Beuthen, Gleiwitz und Chemnitz.

Gästebuch für die Feriengäste im Landhaus Weiser in Seitenberg
Gästebuch für die Feriengäste im Landhaus Weiser in Seitenberg

Nachstehend einige Auszüge von zufriedenen und dankbaren Gästen:
„Das Glatzer Bergland lieblich und schön, mit rauschenden Bächen, waldigen Höhen, ihr freundlichen Menschen gebt mir Frieden und Glück, eine Danke an euch zurück.“

„Sommerzeit, oh schöne Ferienzeit: Kommt die schöne Sommerzeit, wird des Menschen Herz so weit, mächtig ziehts ihn in die Ferne, Deutsche wandern gerne“

„Gerne weilten wir in diesem Haus, Frau Weiser servierte so manch schönen Schmaus, die bekannten, schlesischen Klöße schmeckten ganz famos …..

Und immer wieder ist zu lesen: „In dankbarer Erinnerung für die freundliche und liebevolle Aufnahme und die sehr gute Verpflegung“

Eintrag aus dem Gästebuch des Logierhauses Weiser in Seitenberg
Ein Eintrag aus dem Gästebuch des Logierhauses Weiser in Seitenberg

Beginn des zweiten Weltkrieges

In dem Gästebuch der Familie Weiser spiegelt sich aber auch ein Stück Geschichte wider:
Ende 1938 schreibt ein Unteroffizier: „Nun leb denn wohl du Glatzerland, für uns gibt es jetzt zu befreien das Sudetenland“ ….

August 1939 schreibt ein Feriengast: „Wir kamen zu Kriegsbeginn, nun gute Nacht! ° ….

Dezember 1940 schreibt ein Berliner Feriengast: „Von Berlin, aus Bomben und Granaten, sind wir in Schlesien nach Seitenberg geraten, wo wir zu Herrn Weiser kamen und uns alle Hausbewohner freundlich aufnahmen ….

Nach dem zweiten Weltkrieg

Die Aussiedlung aus der Grafschaft Glatz begann für Familie Weiser im Jahr 1946. Sie kamen über das Durchgangslager Marienthal schließlich nach Leer in Ostfriesland. 1949 übersiedelte die Familie in einen Ort in der Nähe von Freiburg/Breisgau.

Unser Mitglied Hans Joachim Weiser, ein Sohn von Friedrich Carl Weiser und Elsa Martha Ludwig, stellte mir die Unterlagen und vor allem das Gästebuch für diesen Beitrag zur Verfügung. Er ist 1939 in Seitenberg geboren und war bei der Vertreibung erst 6 Jahre alt. Dank seiner Mutter konnte das Gästebuch gerettet werden, da sie es in seinem Kinderrucksack verstaute.

Schlussbemerkung

Beim Lesen dieses Gästebuchs wird die Landschaft des reizvollen Glatzer Berglandes wieder lebendig. Vielleicht gibt es auch noch ehemalige Feriengäste oder deren Kinder, die sich an Seitenberg und die gastfreundliche Familie Weiser erinnern.

Ein Zitat von Thomas von Aquin
„In Menschen ist nicht allein das Gedächtnis, sondern Erinnerung“



2 Antworten auf „Sommer- und Winterfrische in Seitenberg“

..sehr interessant, die Heimat unseres Freundes Hans Weiser kennenzulernen.
Ich bin 1941 in Waldenburg geboren, habe in Bad Salzbrunn bis zur Vertreibung gewohnt, habe aber leider nur wenig Erinnerungen. Ich wünsche Ihnen bei Ihren Forschungen viel Erfolg, und grüße Sie herzlich,
Ursula Mäder

Witam, jestem mieszkańcem Seitenbergu od 1956 roku. Zajmuję się historią tego miasta, zbieram archiwalne zdjęcia miasta, okolic i jego mieszkańców. Chętnie poznam więcej histori miasta tak jak historię Hansa Weisera. Pozdrawiam

Übersetzung mit deepl.com:
Hallo, ich bin seit 1956 Einwohner von Seitenberg. Ich beschäftige mich mit der Geschichte dieser Stadt und sammle Archivfotos von der Stadt, der Umgebung und ihren Bewohnern. Ich würde mich freuen, mehr über die Geschichte des Ortes und auch über die Geschichte von Hans Weiser zu erfahren. Herzliche Grüße

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