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Damals Schlesien

Aberglaube in Schlesien

In den letzten hundert Jahren ist mit zunehmender Bildung der Aberglaube immer seltener geworden. Aber in vergangenen Zeiten versuchten die Menschen für unerklärliche Vorkommnisse, Krankheiten, großes Unglück aber auch für Glücksfälle eine Ursache zu finden. Oft schienen dafür übernatürliche Kräfte, sowie gute und böse Geister, verantwortlich zu sein.

Für Schlesien gibt es für den Aberglauben viele dokumentierte Beispiele, von denen hier nur einige wenige genannt werden können.

Geister und Gespenster

Von Menschen, die keines natürlichen Todes gestorben waren, großen Sündern und besonders solchen, die große, unehrlich erworbene Reichtümer zurückließen, nahm man an, dass sie in der Nacht zwischen 12 und 1 Uhr „umgehen“. Allerdings nahmen manche Geister es wohl mit den Uhrzeiten nicht so genau und man konnte sie auch bei Tageslicht sehen. Die „armen Seelen“ kamen bis zu ihrer Erlösung durch einen besonders mutigen Menschen nicht zur Ruhe und zeigten sich ihren Angehörigen, versuchten ihre Missetaten wieder gut zu machen oder erschreckten scheinbar wahllos beliebige Menschen. Dies geschah besonders an Kreuzwegen, Begräbnisstätten oder in ihren ursprünglichen Wohnhäusern.

Die armen Seelen saßen gern auf bestimmten Gegenständen, wie z. B. Besen. Deswegen sollte man nie einen Besen werfen oder mit einem harten Gegenstand darauf schlagen. Betete man abends vor dem Schlafengehen ein Vaterunser für sie, so wurde man sicher morgens zur gewünschten Stunde von ihnen geweckt. Wenn man in der Lotterie spielte und für sie betete, so gewann man sicher zumindest einen kleinen Gewinn. Wenn man eine Sternschnuppe sah, war das das Zeichen, dass eine arme Seele erlöst worden war und man konnte sich etwas wünschen, das dann sicher in Erfüllung ging.

In der Nacht vom 2. (der katholische Feiertag Allerseelen) auf den 3. November versammelten sich alle Seelen, der auf einem Friedhof Bestatteten in der nächsten Kirche und sangen um Mitternacht. Nur sehr gläubige Menschen konnten sie dabei auch sehen.

Ein weißer Geist war ein guter, ein schwarzer war ein böser Geist. Ein guter Geist erschien einem nur, wenn ein großes Glück zu erwarten war oder um vor drohendem Unheil zu warnen. Wenn es dunkel war und man den Geist also nicht sehen konnte, so sagte man „Alle guten Geister loben den Herrn.“ Ein guter Geist hätte dem mit  „Ich auch“ beigepflichtet. Ein böser Geist blieb jedoch stumm.

Man glaubte, der Teufel würde den Menschen erscheinen, um ihnen ihre Seele abzukaufen. Den Vertrag musste man mit dem eigenen Blut unterschreiben, damit er gültig war. Aber ein Teufel ließ sich leicht vertreiben, entweder mit Weihwasser oder geweihten Gegenständen. Wenn er die Gestalt einer schwarzen Henne annahm (verbreitet in den Kreisen Glatz, Neisse und Hirschberg) brachte er seinem Besitzer Geld. Der Teufel konnte auch seinen Wohnsitz in einem Menschen nehmen. Man erkannte es daran, dass der Besessene den Verstand verlor, brüllte wie ein Löwe und Riesenkräfte hatte.

Nachts sollte man es auf alle Fälle vermeiden, auf einen Friedhof zu gehen. Wenn jemand etwas auf dem Gewissen hatte, konnten die Toten aufstehen und ihn jagen, zu Tode erschrecken oder er bekam eine gefährliche Krankheit.

In der Zeit vom Heiligen Abend bis Neujahr durfte keine Wäsche gewaschen werden, sonst kam ein Unglück oder sogar der Tod ins Haus (Umkreis Neurode und Habelschwerdt).

Hexen und Zauberei

Im Volksglauben Schlesiens waren Hexen1 alte magere Weiber mit spitzem Kinn und roten Augen, die ihre Künste vom Teufel gelernt hatten.

Der „böse Blick“ der Hexen konnte auch dem Vieh schaden. Wenn die Milch beim Melken rot war, war das ein Beweis dafür, dass die Kühe verhext worden waren. Man musste dann die Milch erst durch einen Trauring und danach mit einer Verwünschungsformel ins Feuer gießen. So wurden der verantwortlichen Hexe die Augen ausgebrannt. Um eine Hexe vom Stall fernzuhalten, legte man einen Besen vor die Türschwelle oder machte mit geweihter Kreide drei Kreuze an die Stalltür.

Auch an sauer gewordener Milch und schimmligem Brot war eine Hexe schuld. Damit sie nicht ins Haus kam, musste man eine Fledermaus über die Haustür nageln.

An den Tagen, an denen im Kuhstall eine Geburt anstand, wurde nichts aus dem Haushalt verborgt, damit keine Unholde an den geborgten Gegenstand einen Zauber heften konnten und damit dem Kälbchen oder der Mutterkuh etwas antun konnten.

Die Bäuerin tat immer etliche Körnchen Salz ins Butterfass, damit keine „bösen Geister“ dafür sorgten, dass das Buttern länger dauerte oder gar nicht gelang.

Auszehrung war die Rache einer Hexe, genauso wie der „Hexenschuss“. Diesen konnte man heilen, indem man über der kranken Stelle einen Pistolenschuss abfeuerte und besondere Kräuter auf die Stelle legte.

Wundermittel

Wenn man ein Stück gestohlenes Rindfleisch in ein ungebrauchtes Tuch wickelte und unter der Traufe vergrub, verschwanden Zahnschmerzen. Man bekam aber erst gar keine, wenn man sich jeden Freitag die Fingernägel schnitt und beim Waschen am Morgen immer erst die linke und dann die rechte Hand abtrocknete.

Man machte in einen Strohhalm so viele Knoten, wie man Hühneraugen hatte und legte ihn unter eine Türschwelle. Wer als erstes die Schwelle überschritt, „erbte“ die Hühneraugen.

Sommersprossen verschwanden, wenn man bei Mondschein rückwärts in einen Teich lief und sich dort wusch.

Das Karfreitags- oder Osterwasser holen war noch vor dem 2. Weltkrieg weit verbreitet. In aller Frühe ging man an eine bestimmte Stelle eines Baches um Wasser zu schöpfen. Dabei durfte kein Wort gesprochen werden, der Bachgrund durfte nicht aufgerührt werden und man musste sich nachher mit dem klaren Wasser waschen. Natürlich wurde dabei recht viel Schabernack getrieben, denn die Begleiter bei der Unternehmung versuchten zu vereiteln, dass dem Wasserholer dadurch Jugend und Schönheit zuteil wurde.

War ein Fremdkörper ins Auge gekommen, spuckte man dreimal aus und sagte „Pfui Teufel, pfui!“. Das bewahrte das Auge vor jedem Schaden.

Viele Krankheiten konnten durch „Besprechen“ geheilt werden, d. h. unter freiem Himmel wurden über dem Kranken magische Formeln und Gebete gesprochen. Kranken Tieren konnte man Papierstreifen mit magischen Buchstaben darauf zu fressen geben.

Auf dem Kalvarienberg in Albendorf ist ein Säulenstumpf mit einer Messingplatte. Legte man die Stirn darauf und betete fünf Vaterunser, so hatte man für den Rest seines Lebens keine Kopfschmerzen mehr.

Kranken Kindern legte man den Trauring auf die Brust, damit sie wieder gesund werden.

Am Gründonnerstag musste man ein Honigbrot essen, um immer gesund zu bleiben. Frauen sollten immer die Endstücke vom Brot essen, damit war sichergestellt, dass sie nur Knaben gebären.

Amulette

Wer ein Marienmedaillon trug, der konnte nie in Lebensgefahr geraten. Kleine, handgeschriebene Schutzbriefe bewahrten vor der Cholera und die Soldaten im Krieg vor feindlichen Kugeln. Ein Knochen von einem Toten schützte gegen Zauberei und vor Hexen.

Am Palmsonntag steckten manche Bauern die Weidenkätzchen-Palmstöcke vom vorangegangenen  Jahr in die Ecken der Äcker, und beteten dabei um ein gutes Gedeihen der Feldfrüchte.

Zeichen

Man glaubte, der Ruf von Uhu, Elster und Kuckuck brächte Unglück und wenn Hunde in der Nacht heulten, so würde es ein Feuer geben. Wenn das Haus aber ein Schwalbennest hatte, so schützte dies vor einem Feuer.

Kometen2 oder Nordlichter kündigten stets einen Krieg an.

Wenn sich die Hauskatze putzte, war Besuch zu erwarten.

Wenn die Kerzen während der Trauung flackerten, so wurde die Ehe nicht glücklich.

Fiel ein Kreuz von der Wand oder bleibt eine Uhr ohne Grund stehen, bedeutete das ein kommendes Unglück oder ein Todesfall.

Quellen:

Grabinski, Ludwig. Die Sagen, der Aberglaube und abergläubische Sitten in Schlesien. Grieber & Bilgers. Schweidnitz. 1886

Jahrbuch der Schlesier 1996

  1. Der Höhepunkt der Hexenverfolgung war zwischen 1550 und 1650. Der Glaube an die Existenz von Hexen besteht aber bei einem sehr geringen Bevölkerungsanteil bis heute. ↩︎
  2. Ein „Beweis“: Im Jahre 1618, kurz nach Beginn des 30jährigen Krieges, war mit bloßem Auge ein Komet am Himmel zu beobachten. Dies wurde als ein böses Omen angesehen. Die bisherigen Auseinandersetzungen in Böhmen weiteten sich tatsächlich bald auf große Teile Europas aus und brachten neben den Kampfhandlungen und Plünderungen, Hungersnöte und Krankheiten (Pest, Cholera, Syphilis, etc.). Ganze Landstriche wurden entvölkert und verwüstet. ↩︎

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