In den gebirgigen Grenzdörfern zwischen Preußen und Böhmen war der Schmuggel sehr verbreitet. In der Grafschaft auch „Paschen“ genannt.
Paschen heißt in der Gaunersprache des 19. Jahrhunderts soviel wie schmuggeln, Schleichhandel treiben. (Ursprünglich wohl vom frz. “passer” oder ital. “passare” = überschreiten [nämlich die Grenze] abgeleitet.)
Die Pascher
Sie hatten Kontakte nach Böhmen und kannten sich im Grenzgebiet aus. Über Schleichwege versuchten sie ihr Ziel zu erreichen. Begünstigt wurde das Paschen durch eine unübersichtliche und bewaldete Gegend. Die einheimische Bevölkerung kannte sich aus. Dagegen waren die Grenzwächter meistens ortsfremd. Vor dem Ersten Weltkrieg wurde von Böhmen nach Preußen geschmuggelt, nach dem Krieg umgekehrt. In den Dörfern der Grafschaft wohnten meist die Grenzaufseher. Oft kannte man sich untereinander. So war bekannt, welcher Aufseher ab und an „ein Auge zudrückte“. Es gab auch oft Verfolgungsjagden durch die Wälder und man versteckte seinen Rucksack im Gebüsch. Wenn man erwischt wurde, konnte es unangenehm werden und eine Zollgebühr war fällig.
Allerdings gab es auch organisierten Schleichhandel mit Zwischenlagern und Helfern. Dagegen vorzugehen fiel den Behörden schwer.
Schmugglerware
Durch die wesentlichen Preisunterschiede und dürftigen Lebensumstände der Bewohner versuchte man zu paschen. Auch wenn es sich nur um geringe Beträge handelte. Es waren oft nur Kleinigkeiten wie 1 Tafel Schokolade, Tabakwaren, 1 Flasche Wein oder Rum, aber ebenfalls Lebensmittel des täglichen Gebrauchs. Auch Vieh und Textilien wurden geschmuggelt. In den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach Zuckerin, einem aus Teer hergestelltem Süßstoff, dessen Verwendung sowohl in Österreich-Ungarn, als auch in Deutschland verboten war.
Quelle: Sudetendeutsche Elegie von Josef Ludwig
Im Grenzgebiet Königswalde – Beutengrund
Umgangssprachlich nannte man in der Grafschaft die Schmuggler „Poscha“.
Vermutlich hat daher auch der Familienname Poscha, Porscha seinen Ursprung. Ahnenforschern ist der Name primär aus dem Gebiet um Königswalde, Beutengrund
bekannt, was auch aus der Recherche in den Kirchenbüchern hervorgeht. Im Einwohnerbuch von 1937 werden 12 Namensträger genannt, überwiegend aus grenznahen Orten zu Böhmen wie Beutengrund, Königswalde, Mölke, Ludwigsdorf, Wünschelburg.
Im Norden der Grafschaft, gegenüber von Beutengrund, lag an der Grenze zu Böhmen, Johannesberg. Ein Wein- und Luftkurort im Braunauer Ländchen. An den Hauptstraßen im Grenzgebiet standen auf beiden Seiten Zollämter und Zollbeamte. Trotz Kontrollen wurden viele Dinge herüber und hinüber geschmuggelt.
Eine seltsame Form des Paschens
Man ging nicht nur zum Paschen ins „Bihmsche“ (Böhmische), sondern man traf sich auch in kleinen Gastwirtschaften und zum Tanzen in den großen Tanzsälen. Durch die geringe Entfernung kam man auf “Schusters Rappen” zum gewünschten Ziel. Sonntags waren die Wirtshäuser gut besucht. Auf der böhmischen Seite hieß es dann “die Preischa kumma” (die Preußen kommen).
Maria Theresia von Österreich soll in ihrer Verbitterung über den Verlust, speziell der reichen Grafschaft Glatz, den Mädchen des benachbarten Braunauer Ländchens die Heirat mit den Untertanen Friedrich II streng verboten haben. Sie wollte damit verhindern, dass ihr Erzfeind auch noch weitere Grenadiere bekam.
Quelle: Sudetendeutsche Elegie von Josef Ludwig
Dies ließ sich aber nicht verhindern, wie auch in meinem Beitrag „Migration aus dem Braunauer Ländchen“ ,Heiraten über die Grenze, bereits berichtet.
So entstanden durch eine andere Art des Schmuggelns Freundschaften und auch Ehen über die Grenzen hinweg. Eine Sprachgrenze gab es nicht.
Schlussbemerkung
Wie an allen anderen Grenzen, wurde immer schon versucht, Waren und Konsumgüter aller Art gesetzwidrig zu transportieren.
Das Paschen in der Grafschaft Glatz stellte innerhalb der Bevölkerung keinen Makel dar. Man konnte es auch als Kavaliersdelikt bezeichnen. Es gibt viele Anekdoten und Geschichten der Pascher, wie man den Grenzaufsehern ein „Schnippchen“ geschlagen hatte. Die “Poscha” oder “Porscha” waren Handwerker, Arbeiter, Bauern, Häusler etc. und gingen nur im „Nebenerwerb“ paschen, um ihre großen Familien zu ernähren und den Lebensunterhalt zu sichern.