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Historische Ereignisse als mögliche Auslöser von Todesursachen

Todesursachen 1802 – 1843 in Ludwigsdorf

Das Ziel dieser Ausarbeitung ist die Darstellung der aufgetretenen Todesursachen in den Kirchenbüchern am Beispiel von Ludwigsdorf zwischen 1802 – 1843 und das Aufzeigen der möglichen Zusammenhänge mit historischen Ereignissen. Es soll dargelegt werden, unter welchen Bedingungen die Menschen damals lebten.

In dieser Grafik werden Todesursachen den jeweiligen Jahren zugeordnet.
Tabelle: Gesamtübersicht der Todesfälle in Ludwigsdorf für den genannten Zeitraum
Wetter- und Kriegsereignisse in Europa aus historischer Zeit

Diese Auflistung stellt einzelne Beispiele heraus und beansprucht keine Vollständigkeit.

1806/07Napoleonischer Krieg.
1807        am 08.01. besetzen Bayerische Truppen die Grafschaft Glatz. Belagerung der Festung Glatz durch Napoleons Truppen. 2.000 Glatzer Soldaten fanden den Tod.
1807        Aufhebung der Leibeigenschaft (Erbuntertänigkeit) in Preußen am 09.10.1807 durch das Edikt zur Abschaffung der Erbuntertänigkeit der Bauern. Militärreform in Preußen.
1809       Den Spuren nach zu urteilen, muss eine Eruption in polaren Eisschichten in den Monaten um die Jahreswende 1808/1809 stattgefunden haben, aber niemand weiß, wann genau und vor allem wo auf der Welt dieser Ausbruch erfolgt ist. Doch eine mögliche Erklärung könnten historische Berichte aus Archiven liefern. Dort gibt es unabhängige Berichte über ein „Geheimnisvolles Glühen nach Sonnenuntergang“ Geowissenschaftler und Lateinamerikakundler der Universität Bristol haben in alten Archiven Beschreibungen atmosphärischer Phänomene gefunden und in Climate of the Past veröffentlicht, die zu dem Ereignis passen. 1809 berichtete der Naturforscher Francisco José de Caldas von einer transparenten Wolke über der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, und im gleichen Jahr beschrieb der Arzt José Hipólito Unanue in Lima, Peru, ein Glühen nach Sonnenuntergang, wie es von vulkanischen Aerosolen in der Atmosphäre verursacht wird. Dass eine Eruption dieser Größenordnung sonst nirgends bemerkt wurde, führen sie darauf zurück, dass die Welt damals durch die Napoleonischen Kriege und den bevorstehenden Zerfall des spanischen Kolonialreiches anderweitig beschäftigt war. Quelle: FAZ v. 25.09.2014
1810Dieses und die darauffolgenden Jahre waren die kältesten der vergangenen 500 Jahre und werden gemeinhin mit den Aerosolen in Verbindung gebracht, die der katastrophalen Ausbruch Vulkans Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa im April 1815 ausstieß. Doch die Abkühlung begann bereits einige Jahre früher nach einem anderen, kaum weniger gewaltigen Vulkanausbruch. Sh. Im Jahre 1808/1809
1812Eine Periode schlechter, kühler Sommer setze ein, die im berühmt-berüchtigten “Jahr ohne Sommer” 1816 ihren Höhepunkt fand. Eine der Ursachen dieser Abkühlung waren zwei große Vulkanausbrüche, einer 1809 (verursachender Vulkan noch unbekannt), der andere 1815 (Tambora-Ausbruch, Indonesien). Nach 1816 stellt 1813 den zweitkältesten Sommer jener Jahre. Auch Mai und September fielen in jenem Jahr (moderat) zu kalt aus, so dass der gesamte Deutschland-Feldzug Napoleons bis zum Oktober hin von ungünstiger Witterung geprägt wurde. Regen fiel in diesem Jahr in außerordentlicher Menge, daher dann auch viele Überschwemmungen, besonders im Julius, am Rhein, in Schlesien, Polen und Ungarn. In Breslau war das Wasser 5 Zoll höher als 1785, welches man für den höchsten Stand gehalten hatte. In Neisse ertranken einige Menschen in den Casematten. In Krakau erreichte die Weichsel eine Höhe, die sie seit 139 Jahren nicht erreicht hatte. Hütten und Häuser, nebst der großen Brücke nach Podgorze, wurden hinweggerissen, und einige hundert Menschen fanden in den Fluten ihr Grab. […] An der Katzbach ertrank der Graf Moltke als Courier; viele Franzosen kamen im Wasser um, und eine Menge Kanonen versanken. […] Fast alle Ortschaften, die an der Goelnitz liegen, sind vernichtet und mehr als 1000 Menschen umgekommen. Die niedrigen Temperaturen und anhaltenden Regenfälle führten in Teilen Europas hingegen zu katastrophalen Missernten. Hungersnöte brachen aus.
1813/15Dieser Sommer gehörte zur Serie schlechter west- und mitteleuropäischer Sommer, die vor allem in West- und Mitteleuropa in den 10er-Jahren des 19. Jahrhunderts gehäuft auftraten, unterbrochen nur von einem ausgezeichneten Sommer (dem von 1811).   Befreiungskriege
1815Am 10. April 1815 erreichte die katastrophale Eruption des Tambora in Indonesien ihren Höhepunkt. Größter Vulkanausbruch der Geschichte.
1816Jahr ohne Sommer
1831/32Choleraepidemie
1844        Webernot. Aufstand der Schlesischen Weber. Gründung des Hilfsvereins für arme Weber am 09.03.1844.

Von was ernährten sich die Menschen während vorgenannter Katastrophen

Die Armen waren gezwungen, sich von Unkraut und Viehfutter zu ernähren. Brot wurde aus verdorbenem Getreide gebacken und Ersatznahrungsmittel, wie das aus der Queckenwurzel hergestellte „Queckenbrot“, wurden als Notnahrung angepriesen. Es war bekannt, daß Quecke reich an Kohlehydraten war und fand als „Kraftfutter“ für Mensch und Tier Verwendung. Dazu wurden größtenteils nur die Rhizome (unterirdische Wurzelausläufer) genutzt. Diese wurden auch geröstet und aufgegossen zum koffeeinfreien Kaffeeersatz. Als Salat, oder für Suppen wurden junge Triebe gepflückt.

Aus der Not heraus stahlen die Hungernden nachts Saatkartoffeln von den Äckern oder begannen zu betteln.

Berichten zufolge wurden die unnatürlichsten Sachen verzehrt, um ihren Hunger zu stillen. Graswurzeln, gebrühtes Gras, Wiesenblumen, gedörrte Kartoffelschalen und Brennesseln, aber auch Schnecken, Hunde und Katzen waren ebenfalls begehrt. Das Rezept der Wassersuppe stammt beispielsweise aus diesen Zeiten. Auf einen Liter Wasser kamen 4 Scheiben altes Brot, 4 Knoblauchzehen, Salz (sofern man es hatte), evt. 2 TL Schmalz. Der Nährwert war = Null.

Erklärungen zur Entstehung von Wassersucht, Ruhr und Abmagerung

Quelle: Meyers Konversationslexikon (1888):

Wassersucht

Die Krankheiten, welche allgemeine Wassersucht bedingen, sind zunächst mancherlei schwere chronische Ernährungsstörungen, bei welchen ein dauernder Eiweißverlust ohne genügenden Wiederersatz stattfindet.

Ruhr

Wird begünstigt durch Anhäufung vieler Menschen auf verhältnismäßig engem Raum, wenn zugleich ungünstige Ernährungs- und Witterungsverhältnisse, namentlich andauernde Feuchtigkeit mit unvermeidlichen Durchnässungen, hinzukommen, das Entstehen verheerender Ruhrepidemien. Man hat auch große Strapazen, den Genuß unreifen Obstes etc. als Ursachen der Ruhr aufgeführt; doch scheint hierdurch nur die Disposition zur Erkrankung geschaffen und eventuell gesteigert zu werden.

Abmagerung, → ‘Auszehrung’,

Nahrungsmangel, Verkümmerung

Was fällt besonders auf?

Erfahrungen aus früheren Kriegen haben gezeigt, dass die Todesfälle durch Kriegsseuchen die Verluste durch Verwundungen übertrafen. Krankheiten wie Typhus, Ruhr, Cholera, Fleckfieber, Blattern und Malaria traten gehäuft auf.

Möglich ist eine Zusammenfassung der Ursachen in folgende Gruppen

Die Kriegsbedingten Auslöser

Ruhr, Pocken/Blattern, Cholera (und evtl. Scharlach?) – Zusammenhang mit militärischen Auseinandersetzungen (Soldaten verbreiteten Krankheiten). Zusätzlich gibt es natürlich schlechte hygienische Bedingungen und meist ein ohnehin geschwächtes Immunsystem durch andere Faktoren.

Die Auslöser durch Klimaveränderungen durch Vulkanausbrüche

Erkältungskrankheiten und andere Infektionskrankheiten (Husten, Lungensucht, Fieber, roter Fiesel,…) und Todesfälle infolge schlechter Ernährung (Missernten, Hungersnöte)

Krämpfe: Vermutlich schlechte Ernährung der Mütter während der Schwangerschaft und eine Unterversorgung mit Vitaminen und Nährstoffen in den ersten Lebensmonaten, teilweise vermutlich auch Epilepsie, die möglicherweise auch als Antoniusfeuer bzw. Muttererkornvergiftung (durch den mit einem Pilz verdorbenen Getreide) interpretiert werden kann. Das Antoniusfeuer, wie die Krankheit genannt wurde, trat in unregelmäßigen Abständen und unterschiedlichen Regionen – abhängig, wie man heute vermutet, vom Wettergeschehen, welches das vermehrte Wachstum des Pilzes begünstigte. Die Adeligen und die Mönche der reichen Klöster wurden seltener vom Antoniusfeuer befallen; sie ernährten sich meist von länger gelagertem Roggen, der auch bei einer Kontamination mit Mutterkorn relativ ungefährlich ist, weil die giftigen Alkaloide bereits weitgehend abgebaut sind, oder von Weizen, der viel seltener mit Mutterkorn verunreinigt ist als Roggen. Auch Fleisch und Fisch standen auf ihrem Speiseplan, während die arme Bevölkerung insbesondere bei Hungersnöten von der Hand in den Mund lebte und zwar fast ausschließlich von Roggen.

Wassersucht: Zusätzlich zu den in Meyers Konversationslexikon genannten Gründen, die vermutlich zu einer Niereninsuffizienz und dadurch bedingten Wassereinlagerungen führen, kann man sich auch verschleppte Krankheiten (z. B. Erkältungen) vorstellen, die bei fortgesetzter Nichterholung gepaart mit harter körperlicher Arbeit, zu einer Entzündung des Herzmuskels und -beutels führen können, die wiederum zu einer Herzinsuffizienz mit denselben Symptomen führen kann.

Fazit

Die Hungersnot von 1817 hatte aber auch Positives hervorgebracht:

Sie war der Anlass für verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft, sowie darüber hinaus auch für Organisationsreformen im staatlichen für verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft und zur Stiftung karitativer Organisationen.

Der Chemiker Justus von Liebig wurde durch die Erinnerung an die Hungersnöte zu seinen Untersuchungen über die Bedingungen des Pflanzenwachstums angeregt. Als Ergebnis seiner Forschungen wurde die Mineraldüngung eingeführt, wodurch es möglich wurde höhere Erträge zu erzielen.

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