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Biographien Schlesien

Graf Georg von Arco – Ein Pionier der Nachrichtentechnik

Graf Georg von Arco

Graf Georg Wilhelm Alexander Eugen Hans Deodat von Arco wurde am 30. August 1869 in Groß Gorschütz, Landkreis Ratibor, Oberschlesien, auf dem Rittergut der Familie geboren. Bereits als kleines Kind interessierte er sich für alles, was mit Technik und Maschinen in Zusammenhang stand.

Georg von Arco besuchte das humanistische Gymnasium St. Maria Magdalena in Breslau und galt als eher mittelmäßiger Schüler, da er sich zunächst nur für die naturwissenschaftlichen Fächer begeistern konnte. Für das Abitur 1889 lernte er jedoch mit großer Beharrlichkeit und konnte damit Vieles wieder ausgleichen.

Im Anschluss folgte das Studium der Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg. Nach zwei Semestern unterbrach er das Studium, um, wie in seiner Familie üblich, die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Drei Jahre lang diente er als Leutnant im Garde-Schützen-Bataillon in Berlin, quittierte den Militärdienst jedoch kurz nach dem Tod des Vaters und nahm sein Studium wieder auf. 1893 bis 1896 studierte Arco Maschinenbau und Elektronik und wurde Assistent von Professor Adolf Slaby (1849-1913), der sich mit der Entwicklung von neuen Techniken zur drahtlosen Nachrichtenübermittlung beschäftigte.

Gemeinsam entwickelten sie praktisch verwendbare Apparate und Stationsanlagen für die drahtlose Telegraphie. Ein weiteres System war im Besitz der Firma Siemens & Halske. Die Markteinführung wurde durch Patentstreitigkeiten der beiden Parteien hinausgezögert, so dass sich die englische Marconi-Gesellschaft internationale Wettbewerbsvorteile sichern konnte.

Ab 1898 arbeitete Georg von Arco als Radio-Ingenieur im Kabelwerk der AEG (Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft) und wurde Spezialist der AEG für drahtlose Telegraphie.

Nachdem Kaiser Wilhelm II., der das große Potential der Funkentelegraphie für das Militär erkannt hatte, persönlich erfolgreich zu einer Beilegung der Streitigkeiten gedrängt hatte, gründeten Siemens & Halske und die AEG am 17. Mai 1903 gemeinsam die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH in Berlin, das spätere Unternehmen Telefunken. Die technische und wissenschaftliche Leitung übernahm Georg Graf von Arco.

Arco war ein guter Organisator, arbeitete ergebnisorientiert und war immer über die Arbeit seiner Mitarbeiter informiert. Außerdem war er ein begeisterter Autoliebhaber. Als Pazifist war Graf von Arco nicht damit einverstanden, dass seine Erfindungen auch im militärischen Bereich genutzt werden sollten, konnte aber auf die Förderung durch Kaiser, Heer und Marine nicht verzichten. Bereits 1905 wurde die erste funkentelegraphische Abteilung im deutschen Heer gebildet.

Arco erkannte die Bedeutung vieler technischer Neuerungen und förderte die Weiterentwicklung. Über 100 Patente wurden unter seinem Namen registriert. Für seine Leistungen in der Entwicklungsgeschichte der Fernmeldetechnik erhielt er 1916 die Ehrendoktorwürde der Universität Straßburg.

Ein Meilenstein für die Weiterentwicklung auf dem Gebiet der drahtlosen Telegraphie war der Bau einer neuen firmeneigenen Versuchsanlage. Die ursprüngliche, nur über eine schmale Leiter erreichbare Sendanlage in einer Bretterbude auf dem Dach des Elektrizitätskraftwerks Oberspree in Oberschöneweide mit einer zwischen den Schornsteinen aufgehängten Antenne konnte man nur als abenteuerlichen Notbehelf bezeichnen. In der Nähe der Stadt Nauen, 40km nordwestlich von Berlin und bequem per Eisenbahn zu erreichen, entstand die neue Versuchsstation, um „neue Schaltungen, Maschinen und Geräte für den Fernverkehr unter wirklichen Betriebsverhältnissen zu erproben“.

Sendestelle Nauen im Jahre 1906
Die Sendestelle Nauen im Jahre 1906 mit dem 100m hohen Antennenmast.

Sie nahm im August 1906 die Arbeit auf. Bereits die ersten von dort gesendeten Funksignale konnten noch in einer Entfernung von 1.300km empfangen werden – ein großartiger Erfolg.

Eine Lokomobile zur Stromerzeugung
Eine Lokomobile mit 35 Pferdestärken zur Stromerzeugung für die Sendeanlage.

Bald wurde im deutschen Sprachgebrauch jede drahtlose Station als Telefunkenstation bezeichnet und man konnte mit den Funkeinrichtungen von Marconi auf dem Weltmarkt konkurrieren. 1909 entfielen von den 1.600 vorhandenen Funkeinrichtungen je 700 auf Marconi und die „Gesellschaft für drahtlose Telegraphie“, die restlichen Systeme kamen auf 200 Einrichtungen.

1913 waren Angestellte von Telefunken nicht nur in mehreren europäischen Städten beschäftigt, sondern auch in Russland, China, Indonesien, Japan, Thailand, Tansania, den USA, Peru, Brasilien und Neuseeland.

Am 21.12.1917 heiratete Arco als 48jähriger die 14 Jahre jüngere Elisabeth Annemarie von Neukirchen, geb. Schwandt (geb. 31.05.1883 in Berlin, gest. 9.06.1961 in Bad Kissingen), in Berlin (Heiratsregister StA Berlin IV A Nr. 569/1917). Über gemeinsame Kinder ist nichts bekannt.

1931 legte Arco alle Ämter nieder und zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. Graf Georg von Arco starb nach längerer Krankheit am 5. Mai 1940 im Alter von 70 Jahren in Berlin (Sterberegister StA Tiergarten Nr. 1615/1940) und wurde auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf beigesetzt.

Ihm zu Ehren tragen eine Straße in Charlottenburg und ein Schulzentrum in Nauen seinen Namen.

Telefunken zählte zu diesem Zeitpunkt weltweit zu den Produkt- und Marktführern auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Noch einige Jahrzehnte war Telefunken als Weltmarke bekannt.

Sehr lesenswert dazu: Telefunken-Zeitung, August 1919

Einige Quellen:

Suzanna Wycisk-Müller: Schöpferisches Schlesien von A bis Z. Engelsdorfer Verlag. Leipzig. 2014. S.15f

Hanns Günther: Pioniere der Radiotechnik – 24 Lebensbilder. Dieck & Co Verlag. Stuttgart. 8. Auflage. 1926. S. 35-38

Artur Fürst: Im Bannkreis von Nauen – Die Eroberung der Erde durch die drahtlose Telegraphie. Deutsche Verlags-Anstalt. Stuttgart. 1922

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