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Damals Grafschaft Glatz Kreis Habelschwerdt

Eine kleine Metallplakette

Plakette Ernst Welzel - Heros - Habelschwerdt
Plakette mit der Aufschrift: Ernst Welzel – Heros – Habelschwerdt

Dieser kleine Gegenstand befindet sich in der Heimatstube Habelschwerdt. Aus dem Zusammenhang herausgenommen, erkennt man nicht auf dem ersten Blick, um was es sich dabei handelt.

In der Heimatstube Habelschwerdt werden einige interessante Gegenstände aufbewahrt, die aus Habelschwerdt und der näheren Umgebung stammen. Sie wurden von Grafschaftern gespendet oder leihweise überlassen.

Einer der kleinsten Gegenstände ist diese Metallplakette, deren Form und Größe an einen Stocknagel für einen Wanderstab erinnert.

Um die Herkunft zu ergründen, sind wir auf Spurensuche gegangen.

Laut Duden ist ein „Heros“ ein Halbgott, allerdings ist nicht Ernst Welzel göttlichen Ursprungs, „Heros“ war eine Fahrradmarke, wie aus einer Zeitungsmeldung über einen Fahrraddiebstahls aus dem Jahr 1913 ersichtlich ist. Das Hinterrad war sogar mit einem Gebirgsreifen ausgestattet, der in der bergigen Region sicher sehr hilfreich war. Das Vorhandensein einer gut hörbaren Glocke war schon damals Vorschrift. Eine elektrische Beleuchtung hatte das Rad noch nicht, diese Ausstattung setzte sich erst nach dem 1. Weltkrieg durch.

Fahrrad-Diebstahl im Jahr 1913
„Der Gebirgsbote“, erschienen in Glatz am 27.10.1913 (Seite 7, unten in der linken Spalte über den Anzeigen)

Die Plakette gehörte also auf das Rohr eines Fahrradrahmens und wird in der Fachsprache „Steuerkopfschild“ genannt. Das Deutsche Museum Digital (DMD)[1] hat eine ganze Sammlung davon, auch wenn nur sehr wenige zusätzlich zur Fahrradmarke den Namen einer Person aufweisen.

Mit diesem Hinweis ist dann auch Ernst Welzel zu finden. Unter diesem Namen existierte über mehrere Jahrzehnte (bis mindestens 1939) ein Fahrrad-Fachgeschäft mit eigener Reparaturwerkstatt im Haus am Ring Nr. 72 in Habelschwerdt.

Anzeige für Fahrräder von Ernst Welzel 1906
Anzeige in „Der Gebirgsbote“, erschienen in Glatz am Dienstag, 15. Mai 1906 (im Anzeigenteil auf Seite 8)

Luftschläuche gehörten damals bereits zur Standardausstattung. Sie machten die Fahrt auf Pflastersteinen oder Feldwegen deutlich angenehmer als Vollgummireifen. Ein Fahrrad bot den Vorteil größerer Mobilität und Zeitersparnis gegenüber der Fortbewegung auf “Schusters Rappen”. Die Möglichkeit des Ratenkaufs eines neuen oder gebrauchten Rades machte diese Freiheit für viele erschwinglich.

Anzeige für Fahrräder und Motorräder 1910
Anzeige im „Der Gebirgsbote“, erschienen in Glatz am 1. April 1910 (Seite 3)

Wie man auf dem folgenden Bild erkennen kann, war das Angebot im Laden nicht nur auf Fahrräder und Motorräder beschränkt. Ein großes Schild bewirbt „Colonial & Eisenkurzwaaren, Tafelglas, Wein, Tabak und Cigarren“.

Das Handelsgeschäft von Ernst Welzel
Das Handelsgeschäft von Ernst Welzel (ca. 1905 – 1910).

Über dem Eingangsportal ist das Fahrrad gut zu erkennen. Das Portal ist in dem Buch „Schlesische Kunstdenkmäler II“ abgebildet.

Hausportal Ring 72 Habelschwerdt
Abbildung auf Tafel 99: HABELSCHWERDT. Bürgerhaus Ring No. 72. Thür, gekuppeltes Fenster und Hauptgesims, von 1620.

Im Jahr 1900 wurde das Wort „Fahrrad“ erstmals in den Duden aufgenommen und anfangs musste jeder Radfahrer jährlich eine gebührenpflichtige Radfahrkarte beantragen, dies war wie ein Führerschein für Fahrräder zu verstehen.

Radfahrkarte von 1912
Die Radfahrberechtigungskarte aus dem Jahr 1912 des Bürogehilfen Georg Hiller, Habelschwerdt, befindet sich ebenfalls in der Heimatstube Habelschwerdt.

Wir danken der Heimatstube Habelschwerdt für die Erlaubnis, die Fotos des Steuerkopfschildes und der Radfahrkarte abbilden zu dürfen und die Unterstützung bei der Recherche.

Die Heimatstube Habelschwerdt befindet sich in zwei Räumen im Kreishaus I in Altena, Bismarckstraße 15. Anfragen zur Heimatstube beantwortet Barbara Trappe im Namen der Kreisversammlung Habelschwerdt in der Heimatgruppe Grafschaft Glatz

trappe@heimatstube-habelschwerdt.de 

Quellen:

„Der Gebirgsbote“, erschienen in Glatz am 27.10.1913

„Der Gebirgsbote“, erschienen in Glatz am 15. Mai 1906

„Der Gebirgsbote“, erschienen in Glatz am 1. April 1910

Schlesische Kunstdenkmäler II

[1] Das Deutsche Museum Digital (DMD) ist eine Abteilung des Forschungsinstituts für Wissenschafts- und Technikgeschichte am Deutschen Museum München.

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