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Damals Grafschaft Glatz Post(karten)

Der Bergsturz von Wartha

Wartha und der Bergsturz um 1650
Illustration von Wartha mit dem Bergsturz in: Bohuslav Balbin. Diva Wartensis, 1657

Dem Grenzort Wartha gegenüber, dicht am rechten Neißeufer, gibt es seit über 400 Jahren eine kahle Felswand – den sogenannten Bergsturz von Wartha.

Fast 130 Jahre nach einem dort stattgefundenen gewaltigen Felsabbruch, berichtet der Chronist Georgius Aelurius (1596 – 1627) in seiner „Glaciographia oder Glätzische Chronica“ [1]ab der Seite 195:

„Von diesem Städtlein melde ich nun. Erstlich / daß es hart an das Wasser Neiß / so von Glatz herab kompt / angebawet ist; Item / daß es gerade auff halbem wege zwischen Glatz und Franckstein / nemlich / von Glatz anderhalb Meilen[2] / und von Franckstein gleichesfals so weit gelegen sey. […]  Zum andern / melde ich auch von dem Städlein Wardta / daß es zwischen eitel[3] Bergen lieget / sonderlich hats dabey gegen Sudost gewaltig grosse und hohe Berge / welche jenseits dem Wasser Neisse liegen / und harte an das Städtlein stossen. Allhier ist dieses wol denckwürdig zu erwehnen / daß Anno 1598 am Tage Bartholomaei oder den 24. August hart an dem Städtlein Wardta / ein groß Stück von dem einen Berge sich abgespalten und herab in den Wasserstrom der Neisse / welcher damals gewaltig groß war / gefallen ist / und hat sich das Wasser daran drey gantzer viertel Stunden gedempffet und auffgehalten / also das kein Wasser hinunter hat fliessen können / und die Leute die Fische im truckenen aufgelesen haben.

Die Leute seyn von Franckenberg und anderen Orten mehr mit grosser verwunderung hinauff gen den Wardta geritten und gelauffen kommen / und haben sehen wollen / was unser HErr Gott für Wunderwerck thete / daß solch grosse Wasserfluth aufgehalten auffgehalten würde /aber nachmals ist ihnen das Wasser mit hauffen auff den Halß kommen; und haben an niedrigen Orten / neben dem Neißfluß  viel Dörfer in eitel Wasser gestanden / und ist alles Getreyd daselbst weggeführet / und zu nichte gemacht worden.“

Postkarte von Wartha, Bezirk Breslau, mit Warthaberg und Bergsturz

300 Jahre später war die noch immer sichtbare, kahle Abbruchkante ein beliebtes Postkartenmotiv. In einem Reiseführer[4] dieser Zeit kann man lesen:

„Am 24. August 1598 bekam nämlich der nördliche, der Stadt zugekehrte Abhang des Kapellenberges in Folge heftiger und lang anhaltender Regengüsse und einer dadurch entstandenen großen Überschwemmung, sowie in Folge einer zugleich stattgefundenen Erderschütterung einen Riß, wobei mächtige Felsstücke in das Bett der angeschwollenen, den Fuß des Berges bespülenden Neisse stürzten und den Lauf derselben hemmten, so daß in wenigen Augenblicken die Stadt vollständig unter Wasser stand und ihr Untergang unvermeidlich schien, bis endlich die Fluth sich wieder einen Durchgang erzwungen hatte.“

Bohuslav Balbin hatte 1657 eine Erklärung, warum diese Katastrophe möglich gewesen war: da „die Seeligste Jungfraw von der Warte sich zu Camentz auffhielte“,  d. h. das bis heute verehrte Gnadenbild der Gottesmutter Maria (eine 42 cm hohe Sitzmadonna aus Lindenholz, die im 13. Jahrhundert entstand) befand sich nicht in der Stadt, um sie zu beschützen (Seite 103).


[1] Aelurius, Georg. Glaciographia oder Glätzische Chronica d. i. gründliche historische Beschreibung der berühmten und vornemen Stadt, ja gantzen Graffschaft Glatz. Leipzig. 1625

[2] ca. 10km. Diese Angabe ist, unter Berücksichtigung der damaligen Möglichkeiten für die Vermessung, für beide Strecken erstaunlich korrekt.

[3] mhd.: bloß, nichts als. Findet heute in diesem Sinne eigentlich nur noch Verwendung bei den Redewendungen „eitel Sonnenschein“ oder „eitel Freude“.

[4] Peter, Julius. Frankenstein, Camenz und Wartha in Schlesien nebst Reichenstein, Silberberg, Warthapass, Königshainer Spitzberg und deren Umgebungen. Handbuch für Reisende und Einheimische. Verlag von Julius Hirschberg’s Buchhandlung. 1885.

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