Die Großeltern
Sie stammen beide aus der Grafschaft Glatz. Oma Clara, geb. Hoffmann wurde als eines von 9 Kindern 1908 in Neumölke geboren und Opa Alfred Anderseck 1900 als uneheliches Kind in Schwenz. Alfreds Eltern heirateten 2 Jahre später. Clara und Alfred ließen sich 1929 in Falkenberg trauen.
In den 1930er Jahren Im niedersächsischen Dorf Heimerode errichtete die Niedersächsische Heimstätte im Verbund mit der Grubengesellschaft Fortuna eine Siedlung (39 Wohnhäuser) für Bergarbeiter. Diese bauten in den nahe gelegenen Erzgruben das für die Kriegsproduktion benötigte Eisenerz ab. Nach und nach zogen die ersten Siedler ein. Unter Ihnen auch mein Grossvater, welcher Ende der 1930er ohne die Familie die Grafschaft verließ und der in der Grube Fortuna Arbeit fand. Meine Großmutter folgte ihm flüchtete 1944/45 mit den beiden Kindern Manfred und Hildegard (meine Mutter) aus Schlesien.
Die Strassen des neuen Ortes wurden nach den Orten, aus denen die neuen Siedler stammten benannt. Z.B. Ludwigsdorfer-, Neurode-, Kunzendorfer-, Hausdorfer- u. Falkenberger Strasse. Es war eine rein schlesische Siedlung entstanden. Jeder kannte sich und das vermittelte ein auch wenig Heimatgefühl.
Der Lieblingsort
Als Kind hielt ich mich wann immer es ging bei meinen Großeltern auf. Der Garten war groß und enthielt Obstbäume und vielerlei Gemüse. Ich durfte überall mithelfen und staunte oft über die vielschichtigen Kenntnisse der Beiden. Opa war handwerklich und künstlerisch sehr begabt, während Oma vorzüglich Kochen u. Backen konnte, zudem hielt sie das Geld beisammen. Sie wog selbst Gekauftes zu Hause nochmals nach und kontrollierte jeden Kassenzettel. Bei der kleinsten Differenz packte sie die Ware wieder ein, ging zurück ins Geschäft und beschwerte sich. Ihr Budget war knapp und alles mußte schließlich seine Ordnung und Richtigkeit haben.
Unsere Gespräche
Auf unseren vielen gemeinsamen Spaziergängen, an langen Winterabenden, oder beim Kochen erzählte mir insbesondere meine Großmutter viel aus dem Leben in der Grafschaft. Über die Flucht mochte sie ungern reden. Tat sie es doch, so wurde sie immer tieftraurig und hatte Tränen in den Augen. Ihrer Heimat hat sie immer vermisst. Großvater hielt sich in Bezug auf seine Herkunftsfamilie immer bedeckt. Den Grund dafür habe ich erst 3 Jahre nach seinem Tod erfahren.
Die Inizialzündung
Mein Großvater starb im Mai 1961. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als eines Tages auf dem Stubentisch etliche Dokumente herumlagen. Ein kleines, stoffbezogenes Buch erweckte mein kindliches Interesse – ich war ca. 8 Jahre alt. Ich begann darin zu blättern und meine Großmutter begann das erste Mal von der Suche meines Grossvaters zu erzählen. Das war der eigendliche Startschuss für meine spätere Forschung.
Opa’s Vater, geb. in Schreibersdorf Kr. Neumarkt, starb im Alter von 37 Jahren als er gerade 12 Jahre und seine Mutter, als er 18 Jahre alt war. Nach dem Tod seiner Eltern wuchsen Er und seine beiden jüngeren Geschwister bei einer Schwester seiner Mutter in Kunzendorf auf. Der Großvater fühlte sich dort nie wohl und hielt sich oft bei seinen Freunden in Hausdorf, dem letzten Wohnort seiner Eltern, aber auch in Mölke und der Eule auf. Dort lernte er meine Großmutter kennen. Die beiden heirateten 1929 in Falkenberg.
Seit dem Tod des Vaters hat mein Großvater in Schreibersdorf und Umgebung nach den Grosseltern, oder Verwandten gesucht. Seine Mühen waren umsonst, er wurde nie fündig.
Jahre später
Erst nach dem Tod meiner Grossmutter im April 2000 stieg mein Interesse an dem kleinen Familienbüchlein wieder. Es befand sich im Besitz meiner Mutter. Der Großvater hatte alles was er herausfand darin festgehalten. Ich steckte mir das Ziel die erfolglose Suche meines Großvaters nach seiner Herkunftsfamilie fortzusetzen.
Die Anfänge
Zu Beginn gestaltete sich die Familienforschung sehr mühsam und es folgten viele Unterbrüche. Bereits beim Lesen der Schrift im Familienbüchlein begannen meine Schwierigkeiten. Mit der Zeit gewöhnte ich mich an die Handschrift und so wurde beispielsweise aus Truber (welchen ich nirgendwo fand) – Teuber. Ich konnte nach und nach erste Ergebnisse erringen. Doch es vergingen noch weitere 18 Jahre, bis ich 2018 intensiv zu forschen begann.
Stand heute
Erst als ich der Forschergruppe Glatz (FGG) beitrat, konnte ich die ganze Bandbreite der dort zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen nutzen. Es ist mir inzwischen gelungen die Herkunftsfamilie meiner Großmutter fast lückenlos zu erforschen. Die meines Großvaters ist aufgrund eines verschollenen Kirchenbuches leider „noch“ nicht möglich. Hier habe ich lediglich den Taufeintrag des Vaters meines Opas gefunden. Ein Indiz dafür, daß ich mich auf dem richtigen Weg meiner Suche befinde.
Brigitte Scheffler